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10/2019

Längere Stundung einer Forderung eines Gesellschafters grundsätzlich darlehensgleich

Wird die aus einem üblichen Austauschgeschäft (bspw. aus der Bewirkung von Lieferungen und Leistungen) herrührende Forderung eines Gesellschafters über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten rechtsgeschäftlich oder faktisch zugunsten seiner Gesellschaft gestundet, so handelt es sich grundsätzlich um eine darlehensgleiche Forderung.

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) durch Urteil vom 11.07.2019 entschieden. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger ist Verwalter über das Vermögen der O-GmbH in dem auf Eigenantrag eröffneten Insolvenzverfahren. Die O-GmbH zahlte an die beklagte GmbH eine Vergütung wegen erbrachter vertraglicher Dienstleistungen. Das Konto der
O-GmbH wies nach dem Zahlungsvorgang noch ein Guthaben aus. Die O-GmbH und die beklagte GmbH teilen die gleiche alleinige Gesellschafterin.

Der Kläger nahm die Beklagte im Wege der Insolvenzanfechtung auf Zahlung dieser Vergütung in Anspruch. Der BGH gab der Klage statt. Die Zahlung auf den Vergütungsanspruch stelle die Rückzahlung einer „darlehensgleichen Forderung“ an einen Gesellschafter bzw. an einen diesem gleichgestellten Dritten dar. Eine solche ist unter den (vereinfachten) Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Zwar sei die Beklagte nicht unmittelbar Gesellschafterin der Schuldnerin; allerdings sei es ausreichend, wenn verbundene Unternehmen vorliegen und die Darlehensgewährung wirtschaftlich der Gesellschafterin zuzuordnen ist. Aufgrund der gemeinsamen Muttergesellschaft liege eine solche Konstellation hier vor.

Die Zahlung des Vergütungsanspruchs im Juli 2009 sei auch als Befriedigung einer „darlehensgleichen Forderung“ einzuordnen. Denn die zugrundeliegenden Dienstleistungen wurden bereits Ende 2008 erbracht, so dass der Vergütungsanspruch ebenfalls Ende 2008 fällig war. Die – faktische oder vereinbarte – Stundung für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten führe dazu, dass der Forderung eine Finanzierungsfunktion gleich eines Darlehens zukomme. Da die Zahlung innerhalb der letzten 12 Monate vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgte, konnte der Kläger diese anfechten.

Noch unklar ist derzeit, ob die Begründungserwägungen des BGH auch für die steuerrechtliche Einordnung von Ansprüchen aus dem laufenden Lieferungs- und Leistungsverkehr zwischen verbundenen Unternehmen und/oder im Verhältnis zwischen einer Gesellschaft und dem an ihr wesentlich beteiligten Gesellschafter maßgebend sind. Auswirkungen könnten sich insoweit beispielsweise auf die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Wertberichtigungen auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ergeben, wenn diese bei Eintritt der Wertminderung bereits länger als drei Monate bestanden haben sollten (vgl. § 8b Absatz 3 Satz 4 ff. KStG).

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